
noch eine gute Stelle in Günter de Bruyns Jean Paul Biographie:

David Levine, NYRB 1981
Isoliert stand er in seiner Zeit, schreibt Heine später, als er über die politischen Schriftsteller des »Jungen Deutschland« berichtet, die in Jean Paul ihren Vorläufer sahen, und gibt als Grund dafür an, daß Jean Paul sich ganz seiner Zeit hingegeben habe, was als Lob gemeint und als solches berechtigt ist. Jean Paul war der Mann der Gegenwart. Er suchte seine Ideale und Stoffe nicht in der Antike und nicht im Mittelalter. Das war sein Verdienst, und es markiert seine Grenzen. Denn die Flucht in die Vergangenheit war eine zu der Größe, die die deutsche Gegenwart nicht bot, ein Versuch, sich geistig über die Misere zu erheben. Indem Jean Paul diese Flucht verschmähte, blieb er auf die miserable Realität angewiesen. Das Kleinliche der Kleinstaaterei und des Kleinbürgertums konnte er darstellen wie sonst keiner. Seine Versuche, den verachteten Verhältnissen ideale Helden gegenüberzustellen, scheiterten, weil eben diese Verhältnisse den Helden keine Gelegenheit zu Taten boten. Das ist so im »Hesperus«, und so wird es auch im »Titan«, seinem großangelegten Meisterstück, indem er etwas für die Zeit Einmaliges schafft: den politischen Bildungsroman.
in: „Letzte Verlobung“, S. 233
Bildquellen: »Hesperus«: Universität Würzburg / »Titan«: wikimedia commons
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