Erster Tag – Von Gotha bis Neufrankenroda / Eine Bildergeschichte
Etappe 3 – Von Gotha nach Fulda Oktober 2021


Es sind Weihnachtsferien, und ich nehme mir etwas Zeit mit der Rückschau auf die Pilgerreise, die jetzt schon fast ein viertel Jahr zurückliegt, erlaube kleine Ausflüge links und rechts ab vom Wege, angefangen mit dem Schöneberger Gasometer.

Aufbruch in der Nacht
Unterwegs zum Bahnhof Südkreuz leuchtete der große Wagen über der S-Bahnstation.
Gasometer Schöneberg
Es waren aber die Signallichter an den Kränen beim Gasometer, die sich zufällig zum Sternbild formiert hatten. Ich nahm es als ein gutes Zeichen. Der Zug war schön leer; und bei ruhiger Fahrt holte ich noch etwas Schlaf nach.

Der Gasometer, errichtet 1910, ist im Zentrum eines neuentstehenden Campus zur Erforschung neuer Stadtformen.
Gasometer Schöneberg, fotografiert von Bernd und Hilla Becher / Quelle: Schirmer/Mosel
Sein Inneres soll ausgebaut werden und Büros beherbergen. Das ist ein beschlossener aber umstrittener Plan. Der Gasometer war noch bis 1995 betrieben worden, also bis dahin auch oft angefüllt gewesen.
Aufbruch in Gotha
Für einen guten Start, noch auf dem Bahnhofsgelände, sorgten Kaffee, Croissant und Zeitungslektüre. Die vorgeschlagene Etappe, 30 km bis Eisenach, hatte ich gekürzt; und bis zur Herberge in Neufrankenroda waren es für den Start nur 11 km. Das gab also reichlich Zeit zur Muße. Durch den vertrauten Park zu Füßen von Schloß Friedenstein ging’s in Richtung Nord-Westen zur Stadt hinaus. Die lange 18.-März-Straße bietet mehrere Gedenkorte und einen ermunternden Blick auf die Rohrbach’sche Sternwarte.
Hanna Höch und Marianne Brandt
Erstaunt war ich, zu erfahren, dass Hanna Höch hier geboren worden war. Anfang Achtzig, als ich noch in Heiligensee wohnte, hatte ich ihr denkmalgeschütztes Haus mit dem wunderbaren Garten in Berlin besucht und mich über eine von ihr verfassten Inschrift zur ersten Mondlandung gefreut, die auch auf mich einen tiefen Eindruck über menschlichen Forschersinn hinterlassen hatte. Ausserdem gefällt mir natürlich ihre Kunst und ihr Eigensinn, deprimierenden Zeiten zum Trotz.
Mit der Gedenktafel für Marianne Brandt, die hier Anfang der Dreißiger kurze Zeit wohnte, erfuhr ich von einer weiteren Gotha-Berlin Verknüpfung, über das Bauhaus.

Wie ich so höher und höher dem Weg folgte, drängten sich mir, Göthen gemäß, Doktor Faustens Worte auf:
In der Morgensonne präsentieren sich noch einmal die zwei markanten Turmspitzen vom Schloß Friedenstein, bevor es auf die Felder geht.
Krahnberger Höhen

Jenseits von Jakobswegen – Ein Abstecher nach Aspach

Fachwerk am Ortseingang
Es gab auch noch ein Vögelchen, dass sich oben am Gebälk zu schaffen machte. Es war aber zu schnell, um es noch vor die Linse zu bekommen.
Gegen Mittag wandte ich mich südlich, den Orten zu, die ich vom oberen Weg her hinter den späten Feldern erspähte. Der Weg hinunter führt mich nach Aspach, dessen markante Kirchturmspitze mich angelockt hatte. Kaum dass ich in den Ort eingetaucht war, entzog sich die Kirche meinen Blicken. Aber es gab einen fliegenden Händler: ein Wurstwagen hatte am Straßenrand geparkt, und eine kleine Gruppe alter Mütterchen verriet, dass es was zu kaufen gab. In der Schlange war auch ein Herr, der mich kurz musterte, weswegen ich meinte, dass ich wegen des Kirchturms vom Jakobsweg abgewichen sei, aber auch Lust auf eine Mahlzeit habe. „Na, ich kaufe eben noch ein, aber dann zeige ich Ihnen gerne die Kirche“, sagte er, und plauschte beim Warten mit den Umstehenden. Wir schwärmten gemeinsam über selbstgemachten Apfelkuchen, bevor alle Einkäufe getan und das Grüppchen sich zerstreut hatte. Ich freute mich, an eine Thüringer Wurst zu kommen, zu der ich noch ein Roggenbrötchen gekauft hatte.
St. Ulrich in Aspach
Nachdem alles für späteren Verzehr verstaut war, zog ich mit meinem Fremdenführer los, der viel zur Geschichte des Ortes zu berichten hatte und allerlei Besonders zum Schicksal der St. Ulrich Kirche, die bald wieder ins Blickfeld rückte. „Das freut mich, dass Sie so gut Bescheid wissen. Sind sie im lokalen Geschichtsverein?“ fragte ich. „Nein“, sagte er. „Ich bin der Bürgermeister.“ Er war verantwortlich für umfassende Umbauten an der Kirche, womit er sich im Ort nicht nur beliebt gemacht hat. Es ging ihm darum, die Kirche auch für kulturelle Veranstaltungen umzugestalten, was mir sinnvoll erscheint. Am 3. Dezember soll dort die 150 Jahrfeier der neuen Kirche aus Kaiserzeiten gefeiert werden. Der alte Turm, älter als die alte Kirche von 1417, ist immer noch erhalten, wenn zur Zeit auch etwas kitschig als Meditationsraum präsentiert, aber dem Gemäuer macht das ja nichts. Das Besondere in St. Ulrich, – die immer auch noch als Kirche genutzt wird und über eine kleine Orgel verfügt, – das Besondere ist ein altes in den Boden eingelassenes Becken, zu dem Stufen hinab führen und das mit Wasser geflutet werden kann, wenn Taufen anstehen. Sonst ist es mit einer Glasplatte abgedeckt.
Das war eine schöne spezielle Führung, die ich da bekommen hatte, und ich wünschte dem Bürgermeister und seinen Bürgern alles Gute für die Zukunft.
Am Ortsausgang an der Asse fand ich eine gemütliche Bank zum Vespern.
Auf der Via Porta

Bei Teutleben bog ich nordwärts in die alte Via Porta ein, die mich nach Neufrankenroda führte.
Wie schön,
hier und da weitergehen.
Schöne Feiertage
und Grüße
Bernd
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O ja, Schritt für Schritt. Alles Gute auf dem Weg, hier und da, und danke für’s Begleiten.
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