Vierter Tag – Von Oberellen bis Vacha / Eine Bildergeschichte
Etappe 3 – Von Gotha nach Fulda Oktober 2021
Frühstück in der Tankstelle
Heute würde es lange Zeit durch den Wald gehen, und Punkt acht betrat ich die Tankstelle Beck zu Brötchen und Kaffee. Der Morgen war neblig und kühl, und ich war froh, daß ich vor Ort frühstücken konnte; die Tankwirtin wies mir einen Platz im geräumigen Hinterzimmer zu und bediente dann weiter die Kundschaft. Ich entledigte mich des Rucksacks und Anoraks und nahm Platz an einem Tisch mit Wachstuchdecke, der für zehn Personen reichte – gut in Corona-Zeiten. Kaum saß ich, kam die gute Frau wieder herein und meinte, dass die Brötchen allein doch zu trocken wären; und schon hatte sie aus dem Kühlschrank Butter und eine Platte Aufschnitt herausgeholt und lud mich freundlich dazu ein. Ist das nicht ein Segen?! Also verzehrte ich die Brötchen mit Butter, Ei und Gurken zum heißen Milchkaffee und brach endlich auf, wohlgestärkt von Speise, Trank und Fürsorge.

Abseits von Jakobswegen
[aus: Ökumenischer Pilgerweg – Leipzig bis Vacha / Dr. Barthel Verlag]
Wieder einmal! Den Weg zum Dorf hinauszufinden war denkbar einfach, und unter der Eisenbahnbrücke hindurch trat ich ins Freie. Aber schon am Feld interpretierte ich offenbar „bergan bis zum Waldrand“ verkehrt, zumal sich „weite Blicke über die Landschaft bis hin zum ‚Kalimanjaro'“ nicht einstellen wollten, was auch am dichten Nebel lag.
Zitate aus Torsten Hoyers Via Regia Wanderführer, mein treuer Begleiter.
Eine ganze Weile trieb ich mich, wie sich herausstellte, im Wald südöstlich von Oberellen herum, was nicht ohne Reiz war, aber völlig verkehrt. Irgendwann stieß ich auf den Sallmannshäuser Rennsteig und fand glücklich zurück zum Jakobsweg.
Zurück auf dem rechten Pfad
Inzwischen lichtete sich der herbstliche Nebel; und am Kalten Loch – trefflich benannt! – gab es einen weiten Blick zurück aufs Dorf.

Gleich darauf tauchte der Weg in den Wald, der sich die nächsten Kilometer in vielfacher Gestalt nach Südwesten hin ausdehnt, aber bestens ausgeschildert ist. Eine gute Strecke verlief entlang des Lulluspfads (östlichster Abschnitt).
An einem der Wegkreuze tief im Wald traf ich auf ein wanderndes Ehepaar, und eine Zeitlang liefen wir gemeinsam, mal plaudernd, mal schweigend, bis sich die Wege wieder schieden. Das war mal ganz angenehm zwischendurch. Irgendwann kamen mir auch zwei Radler entgegen mit leuchtendroten Jacken.

Meinem Vater, Heribert Reul, hätte das gefallen. Er suchte immer nach roten Akzenten für seine Aquarelle. (hier: Feuerkraut in einer Eifellandschaft, 1966.)
Die roten Radler und ich tauschten ein paar fröhliche Worte aus und wünschten einander einen guten Weg. So verging die Zeit, und das Wandern wurde mir ohnehin nicht mühselig. Bald nahm der Wald ein Ende.
Jetzt hinderten mich weder Nebel noch Irrweg noch dichter Wald, endlich einen Blick auf den besagten „Kalimanjaro“ zu werfen. Der ist bei Herringen aufgehäuft, schon im Hessischen. So von Weitem sah er für mich aus wie ein Werk von Christo und Jeanne-Claude.
Nun ging es zügig ins Tal hinunter und in den Demmesgrund …
… vorbei an Oberzella und Unterzella geradewegs auf Vacha zu.


Gastzimmer in „Scharfe Ecke“
Herbergssuche
Über Funk war es mir den ganzen Tag lang nicht gelungen, eine Unterkunft zu sichern. Ich lief Vacha auf und ab und fand nichts. Die Pilgerherberge war voll. Im Hotel Adler gab es eine große Hochzeit und keinen Platz. Selbst des Pfarrers Haus in Sünna war schon voll belegt; er hätte sich aber zur Not erbarmt. Auch die „Scharfe Ecke“, die gerade renoviert wurde, hatte eigentlich geschlossen, bewirtete aber ein paar Herren bei einem Herrenabend, und so konnte ich den Wirt bitten. Seine Frau kam eigens herüber, um mir die Stube bereitzustellen; und trotz der Umstände, die ich Ihnen bereitete, waren sie beide sehr liebenswert. Ich konnte den Pfarrer in Sünna entwarnen; und so fand ich einen guten Ort für die Nacht; und so hat auch dieser Tag ein gutes
* * * Ende * * *

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