Durch die Wälder, durch die Auen

Auf Jakobswegen (32)

Neunter Tag. Von Mainz bis Heidesheim

Etappe 4 – Von Fulda nach Bingen
Ende Juli, Anfang August 2022 / Eine Bildergeschichte



Früh am Morgen in Mainz, beim Hauptbahnhof


Getreu meiner Art lief ich im Dämmerlicht die Wallstraße an der Bahn wie ein gescheuchtes Huhn hinauf und hinunter, bis ich den richtigen Weg ausfindig gemacht hatte: über die Fritz-Kohl-Straße ging es nordwestlich hinauf. Daran schloß die lange, lange Straße Am Fort Gonsenheim an, die mich idioten-sicher zum Jakobsweg führte.

Mit der Überquerung des Rheins am Vortag via Theodor-Heuss-Brücke befand ich mich inzwischen in Rheinland-Pfalz, und ich kann sagen, dass es sich auf dieser Tour von vielen schönen Seiten zeigte. Kaum zurück auf dem Jakobsweg grüßte der Gonsbach.



Hier im Gonsbachtal, dem grünen Band zwischen Hartenberg-Münchfeld und Gonsenheim, findet man viele freundlich gepflegte Felder und Gärten, an denen ich meine Freude hatte. Dazu begleitete mich der Gonsbach mit seinen baumgesäumten grünen Ufern.


Im Gonsbachtal mit den beiden spitzen Türmen von St. Stephan.


Am westlichen Zipfel ging es durch Gonsenheim. Es war Zeit für ein Frühstück, also suchte ich mir eine Bäckerei. – Auf dem Bild an der Wand ein alter Bekannter: Flughafen Tempelhof.


Durch die Wälder, durch die Auen*

( * aber ohne Jagen im Sinn und ohne Büchse, wie beim Freischütz – ich mag die Fassung mit Peter Anders)

Gestärkt und mit vollem Akku in meinem wertvollen Wegbegleiter für Notzeiten, (- mein Mobilgerät trägt den Namen Jakob-), lief ich wieder munter drauf los zu einem weiteren Höhepunkt der Tour, entlang der friedlichen Kapellenstraße und, über die Brücke, jenseits der 643, durch den Lennebergwald auf Budenheim zu.


Kapellenstraße

durch den Lennebergwald

Immer nach Nordwest ging es dann durch Budenheim geradewegs hindurch zu den Ufern des Rheins.


Am Rhein bei Budenheim, mit Blick auf Walluf in Hessen und dem Taunus

Hier an der Anlegestelle luden bequeme Bänke zu einer Rast, und es gibt auch diese schöne Tafel mit Informationen zum Jakobsweg:


Informationstafel der St. Jakobs-Gesellschaft Rheinland-Pfalz – Saarland in Budenheim


durch die Rheinauen

Streuobst-Wiese im Auenland

Wer weckt die Regentrude?

Die Schönheit der Bilder kann nicht verbergen, wie die Dürre und Hitze der vergangenen Sommer ihren Tribut verlangten. Oft standen tote Lerchen oder Obstbäume unter den Bäumen, die es in diesem Jahr noch einmal geschafft hatten. Auf dem Foto mit der Streuobst-Wiese ist es ein starker Ast, der herausgebrochen ist und in der vollkommenen Form der Baumkrone – ich glaube, das ist eine Eiche – eine Leere hinterläßt.

Hier ein kleiner Austausch über den Plauderkanal, im August 2022. C* ist gerade in der Bretagne und hat von dort ein Foto mit Waldspaziergang geschickt. M* bin ich.:

M: Ist es ein Waldspaziergang mit Seebrise? / C: Ja, zum Glück bei der Hitze. / M: Hier ist es auch heiß. Ich bin schnell gelaufen, um Fahrtwind zu spüren. / C: Es wird doller werden bis Donnerstag, fürchte ich. / M: Ein paar Tage zuvor sah ich eine ältere Dame auf der gepflasterten Einfahrt ihres Hauses, die, tiefgebückt und in der prallen Sonne, mit einem Löffel Unkraut herauskratzte. Ich sah auch einen Sprinkler in voller Kraft in gleissender Mittagssonne, um den kurzgeschnittenen Rasen grün zu halten. Ich sah auch viele Beispiele von ‚Gärten des Grauens‘ mit Betonelementen, in denen noch ein paar tote Stengel hingen, und viel Kies und Ziersteine und Plastikkunst, und gewebte Plastiksichtschutzzäune mit Plastikefeu verziert. Zum Glück sah ich auch viele Stauden-und Bauerngärten. Heute kam ich durch Pflaumenplantagen, voll von saftigen Zwetschgen, nahezu reif.


Versehentlich geriet ich mal wieder abseit des Jakobswegs, auf einen Weg, der am Senngraben entlang führt und auch schön ist. Blau grüßt die Zichorie.


Auf den Nonnenauweg, unterwegs nach Heidesheim, rastete ich an der Wegkreuzung und fand, nach aller körperlichen Ertüchtigung, eine rätselhafte Mitteilung als Anreiz zur Bewegung der ‚kleinen grauen Zellen‘ (wie es bei Poirot heißt). (Wenn alles klappt, bekommt man eine Vergrößerung beim Anklicken der Fotos)


„Der Peter“

Kurzprosa am Wege, von Anon.


An der St. Georgskapelle vorbei erreicht man von Norden her Heidesheim und wird über den Jakobsweg auf einem unverhofft schönen Pfad entlang der Bahngleisen in die Stadtmitte geleitet.


ein sandiger Pfad, farngesäumt im Sonnenlicht


Heidesheimer Abenteuer

In Heidesheim Mitte trat ich falsch auf die Bordsteinkannte, als ich gerade die Karte konsultierte, und fiel kladderadatsch hin, samt Rucksack, der meine Wange aufs Pflaster drückte. Die Lesebrille blieb heil, bekam aber ein paar Kratzer. Zum Glück war die Straße menschenleer, so dass es keine Aufregung gab; denn es muss blöd ausgesehen haben. Mir war nichts passiert, ich behielt nicht mal blaue Flecken. Also rappelte ich mich auf und schlug die Richtung ein zur Unterunft des heutigen Tages.


Entdeckung unterwegs: Kunst am Bau


Die Mainzer Straße in Heidesheim


Diese Straße, – meist menschenleer, was bei der Mittagshitze kein Wunder war – , bin ich mehrmals auf und ab gelaufen: zur Herberge und in den Ort hinunter für einen Spaziergang (Heidesheim ist ein schmuckes Städtchen) und zurück und später noch einmal hinunter für das Abendessen und wieder hinauf zur Nachtruhe und wieder hinunter am nächsten Tag zum Anschluß an den Jakobsweg weiter nach Bingen.

Schmuggel

Die Unterkunft ist eine Art Motel, gleich an der Autobahnabfahrt Heidesheim, aber durchaus komfortabel. Ich hatte etwas Mühe, die Übernachtung am Abend zu bezahlen. Ich wollte ja wieder bei Morgengrauen vor dem Hahnenschrei aufbrechen. Entweder war das Pult unbesetzt oder der Hausherr hatte keine Zeit. Der Zimmerschlüssel war im Foyer mit Namen markiert in einer Tüte hinterlegt, neben denen weiterer Gäste. Mittlerweile regte sich der Hunger, und das Restaurant beim Hotel war geschlossen. Im Ort gab es einen Imbiss, wo ich mich mit einem Döner Kebab versorgte. Wegen der Wespenplage trug ich den Proviant also die Mainzer Straße im Eilschritt zurück zum Hotel, um ihn im Zimmer noch möglichst heiß und unbelästigt zu verzehren. Mir war etwas mulmig, was die Hausordnung zu diesem Plan meinen könnte; und ich verbarg die Kontrabande so gut es ging in der dünnen Papierserviette, die dramatisch riss und zunehmend als Sichthülle versagte. Ausgerechnet diesmal war das Pult besetzt- zitter, zitter-; aber der Hausherr telefonierte so angelegentlich, dass er mich nicht beachtete, wie ich flugs die Treppe hinauf in mein Zimmer verschwand. Der Döner war übrigens ganz ausgezeichnet.

We seek him here, we seek him there,
Those Frenchies seek him ... everywhere.
"Is he in heaven ? or, is he in ... hell ?
That demmed ... elusive ... Pimpernel !"

Quelle: Lyrics translate

Gesättigt versuchte ich mein Glück noch mal. Keiner da. Gerade teilte ich meinen Lieben zu Hause mit, was für eine Rote Pimpernelle mein Hauswirt sei, als er auf der Bildfläche erschien und ich endlich zahlen konnte. Daraufhin hatte ich einen guten Schlaf.


Ende gut, alles gut

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