In den Schluchten der Dhron

Auf Jakobswegen (38)

Fünfter Tag. Von Hinzerath bis Gräfendhron

Etappe 5 – Von Bingen nach Trier
August 2022 / Eine Bildergeschichte



Zurück auf dem Jakobsweg


Diesmal in Hinzerath schob ich den Aufbruch auf und erfreute mich am großzügigen Frühstück. Die Wirtin setzte sich dazu, und wir hatten ein schönes Pläuschchen. Sie sagte auch, dass es inzwischen in Hundheim einen kleinen Laden mit Verpflegung gäbe, und hätte ich Bescheid gegeben, wäre für mich ein Abendessen bereitet worden. Sie sorgte auch, dass ich Proviant mitnahm.

Gestern am Abend hatte ich noch eine Runde im Ort gedreht, was eher ein Serpentinenstraßen hoch- und wieder herunterlaufen war. Alles wirkt armselig und etwas verwildert, wenn die Bevölkerung auch freundlich scheint. Oben steht die massige katholische St. Johannes Betonkirche von 1959, mit Glasfenstern von Walter Bettendorf (1924-2004), verwaist, verlassen, heruntergekommen. Im Trierischen Volksfreund wurde 2018 darüber berichtet, dass Hinzerath die historische St.-Johann-Baptist Kirche genügt.

Der Weg gestern von Gonzerath zum Jakobsweg führt weiter nach Hundheim. Die beiden Gemeinden haben den Weg gefestigt und Hugo getauft (siehe: Freundschaftsweg Hugo). Mich stimmen die „Vorher“-Bilder in der Chronik wehmütig, aber dafür zu sorgen, dass man trockenen Fußes und sicher einander aufsuchen kann, ist natürlich lobenswert.


Unterwegs auf waldiger Höhe, mit Blick auf den Windpark von Morbach

Besonders schön sind immer die Feld- und Wiesenwege. Durch die spätsommerlichen Baumkronen fiel der Blick auf sonnenbeschienene Hügel.

Zwischen Gonzerath und Elzerath berührt der Jakobsweg die Landstraße, und bald daruf bin ich mal wieder vom Wege abgekommen, vielleicht verleitet von den Bachtälern all der Nebenflüsse der Dhron, die zahlreich die Gegend durchschlängeln.



Hier war es der Heinzerbach, der den Weg fröhlich plätschernd kreuzte.


Jedenfalls verschlug es mich südlich ins Tal nach Merscheid. Ich saß ein Weilchen auf der Bank bei der Kirche von St. Georg. Gerade hatte ein Radler in sportlicher Kluft aus den Niederlanden seine Wasserflasche beim Friedhof aufgefüllt und verschnaufte etwas, über den Lenker gebeugt. Er meinte, sein Sohn wäre schon vorneweg, zu schnell für ihn.

Von der Kirche war der Weg zum Jakobsweg nicht schwer: geradeaus hoch nach Norden bis zum großen Heidehof. Und schon grüßte mich am Baum der Wegweiser zum Ausoniusweg.



Zurück auf dem Jakobsweg, am Haardtwald entlang und wieder südlich über offene Felder ging es Haag entgegen (ohne Den davor, sonst hätte ich mich allerdings gewaltig verlaufen).



Blick auf Haag

Eine geheimnisvolle Zusammenkunft

Es war Mittag, und die Sonne brannte. Im Ort stand ein mächtiger Baum, um den herum in seinem Schatten eine geräumige Bank zur Rast einlud. Ein heisser Wüstenwind strich durch die Straßen und Gassen; deswegen sah ich mit Verwunderung, wie zwei, drei Alterchens aus ihren Häusern traten und sich bei dieser Bank zusammenfanden. Ich plauderte etwas mit ihnen. Man erwog im schönsten Hunsrücker Platt die Gefahren einsamen Wanderns. Dem ein oder anderen konnte ich folgen und Sorgen beruhigen. Immer noch rätselte ich insgeheim über den Auslöser dieser Versammlung, weil die Damen und der Herr untereinander nichts miteinander zu tun haben schienen. „Vielleicht ist dies die Zeit, wo hier ein Bus hält…?“ Kurz darauf löste sich das Rätsel:


Tante-Emma-Laden auf Rädern in Haag


Haag ist übrigens ein geputztes Städtchen, wo nichts verfällt, aber dennoch der Eindruck bleibt, dass es schön ist, dort zu wohnen; und die Bewohner freuten sich über meine Anerkennung, nicht ohne ein Fünkchen Stolz.

Wegkreuz und Ansitzstange

Weiter ging es ohne Zwischenfälle. Bald passierte ich das Gangener Kreuz.

Das Gangener Kreuz befindet sich in Richtung Merschbach. Es wurde bereits im Mittelalter errichtet. In Zeiten der Pest wurden Bittgänge versprochen um Hilfe für Kranke zu erwirken.  [Quelle: Kirchengemeinde Am Haardtkopf; weiter unten auf der Seite]


Von Julen, Schmelz und Verbiss

Im schönsten Prosa und unter Verwendung von Fach-Termini erklärt hier ein hessischer Obstwirt den Einsatz von Sitzstangen für Greifvögel:

Eine Bejagung der Hasen war nicht vorgesehen, da das Niederwild ohnehin wie überall rar geworden ist. Folglich entschlossen wir uns, zum Schutz der jungen Obstbäume Julen für Greifvögel und Eulen aufzustellen. Wie von uns beobachtet wurde, kommen hier auch Habichte, Turmfalken, Mäusebussarde und gelegentlich Wanderfalken vor. Primär erhoffte ich mir einen vergrämenden Effekt auf die Hasen. Sekundär sollten die Greifvogeljulen eine Ansitzeinrichtung schaffen damit die Greife sich dort sichtbar aufhalten können. Tertiär sollen die Julen die Bejagung der Mäuse erleichtern und den Lebensraum der Greifvögel und möglicherweise vorkommender Eulen verbessern. [Auszug. Quelle: H. Jordan, Orden Deutscher Falkoniere -- Konturei Hessen]

Noch einmal wechselten sich Wald und Landstraße ab, bevor ich zum Ort in die Schlucht abstieg. Kinder im Planschbecken belehrten mich, dass dies Merschbach sei. Ich war zu früh abgebogen.


Blick auf Merschbach

Der Merschbacherbach in Merschbach
Kaum ein Auto fuhr vorbei auf diesem letzten Kilometer bis Gräfendhron.

Der kleine Umweg gestaltete sich ganz schön, entlang des Tals, in dem der Merschbacherbach zur Dhron fließt.



Eine Informationstafel gab es noch am Ende dieser Tagesstrecke, und da durften die Römer nicht fehlen:



Gräfendhron war am frühen Nachmittag wie ausgestorben. Ich strich um den stattlichen Landgasthof herum, klopfte an Türen, spähte durch Fenster. Bei der dritten Runde tat mir endlich jemand auf. Es hatte im Innenhof eine Besprechung gegeben, und das Klopfen war nicht bis dorthin gedrungen. Immerhin war ich in der luxuriösen Herberge angekommen. Mittwochs hat die Küche zu; aber im frischrenovierten Innenhof verzehrte ich mein Käsebrötchen mit Tomaten und Basilikum aus Hinzerath, und Spatzen im alten Efeu unterhielten mich dabei. Ich kann die Wirte nur loben; denn mir wurde unterm Dach ein ganzes Apartement zugewiesen, für das sie nur den Pilgerpreis verlangten.


Da ließ es sich prächtig übernachten.

2 Kommentare zu „In den Schluchten der Dhron

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    1. Wofür auch immer: gerne, lieber arnoldnuremberg! Ich freue mich natürlich über jeden Leser, besonders, wenn ich merke, dass er ähnliche Dinge im Leben wertschätzt. Solidarität im Geist tut gut in Tagen vieler trauriger Entwicklungen.

      Gefällt 1 Person

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